Wenn diejenigen, die im Unternehmen Verantwortung tragen, aufhören, sich weiterzuentwickeln und zu lernen, dann wird das Unternehmen große Schwierigkeiten bekommen, sagt Stephan Balzer, Gründer und CEO von Red Onion und Boma.
Wer vom Lernen spricht, der denkt an Kinder und Jugendliche in der Schule, vielleicht an sehr junge Erwachsene in der Ausbildung oder der Universität. Aber wohl kaum an Führungskräfte. Ein fataler Denkfehler. „Wir müssen die Führungskräfte wieder auf die Schulbank bringen“, sagt Stephan Balzer, Gründer und CEO von Red Onion und Boma im Interview mit Gastgeber und Interviewer Nick Hartmann.
Denn die Welt dreht und wandelt sich. Und das nicht langsam und schrittweise, sondern rasant und nahezu täglich, wenn nicht stündlich. Was klar wird, wenn Balzer nur ein paar Schlagworte nennt: „KI, Robotik, 3D-Druck, Biotechnologie“. Oder auch: „Globalisierung, Wertewandel, Nachhaltigkeit und Umwelt, Digitale Transformation“ – allein mit diesen Begriffen kann Balzer die Dringlichkeit umschreiben, und er sagt: „Neue Anforderungen erfordern neues Denken.“
Das und noch mehr sind Bereiche, mit denen sich Führungskräfte aktuell und künftig auseinandersetzen müssen. Respektive, sich schon längst hätten auseinandersetzen müssen. Fast 50 Prozent der deutschen Führungskräfte gestehen, einen großen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung zu haben. Wohlgemerkt bei einem Thema, das vor rund 30 Jahren erstmals aktuell wurde. Balzer sieht ein „Kulturproblem“, es fehle das „Herzblut für generelle Veränderungen“. Was auch daran liege, dass wir mitten in einer Übergangszeit steckten, dass es immer noch viele Führungskräfte gebe, für die „Low-tech“ oder gar „No-tech“ der gelernte Standard sei. „Und wenn ich dann den Standort China sehe, wird mir Angst und Bange“, sagt Balzer.
Damit sich das ändert, definiert Balzer eine neue Generation der Führungskraft: den Leader. Der denkt anders als der „normale Manager“ für den zu oft „me first“ gelte, dem die eigene Karriere wichtiger ist, als das Wohlergehen des Unternehmens, und dessen Horizont am Ende des Vertrags endet. Der Leader hat andere Vorstellungen. Er weiß, wie wichtig Anerkennung und Work-Life-Balance sind. Er weiß, dass es nicht immer nur darum gehen darf, kurzfristig die Rendite zu steigern. Begriffe wie Empathie, Resilienz und Leidenschaft sind ihm ebenso geläufig wie wertebasiertes Handeln oder Integrität.
70 Prozent aller Transformationsprojekte scheitern, weiß Stephan Balzer. Damit es gelingt, nennt er sieben Schritte. Man müsse: die Dringlichkeit aufzeigen, Führungskoalitionen aufbauen, eine Vision und eine Strategie entwickeln, diese Vision kommunizieren, Hindernisse aus dem Weg räumen und dazu auch interne Kämpfe führen, kurzfristige Erfolge sichtbar machen und schließlich die Veränderungen vorantreiben und verankern.
Denn nicht nur die Digitalisierung schreitet in größtem Tempo voran, auch die Verbraucher werden immer wacher und anspruchsvoller. „Sie weisen uns viel schneller darauf hin, wenn etwas schiefläuft, hinterfragen immer mehr, üben Kapitalismuskritik“, sagt Balzer.
„Ich kann mir vorstellen, dass wir spektakuläre Pleiten sehen werden, wenn wir nicht bereit sind dazuzulernen.“ Hätte er ein Unternehmen, würde er sich viel mehr Gedanken machen, die richtigen Manager dafür zu finden. Was auch heißt, „bereit zu sein, jemanden zu feuern“. Und auch wenn er sagt: „Wir brauchen neue Typen“, so muss das keinen Generationenkonflikt zeitigen: „Ich treffe auch Menschen, die sind 60 oder 70 Jahre alt und die haben ein sehr frisches Mindset.“