Der globale Fashionplayer Lacoste befindet sich in einem Wandlungsprozess, bei dem es sogar dem berühmten Polohemd an den Kragen geht. Wie stellt sich eine 88-jährige Traditionsmarke in Sachen Image, Digitalisierung und Nachhaltigkeit auf? Wie viel Tradition bleibt in dieser Transformation übrig?
René Lacoste war selbst Visionär. So erfand der einstige Tennisspieler und Sieger von zehn Grand-Slam-Turnieren nicht nur das Polohemd, sondern zum Beispiel auch die Ballmaschine. Und so war es auch kein Zufall, dass Dr. Marcus Meyer seinen Vortrag über die bevorstehenden Aufgaben für die Firma mit dem berühmten Krokodil mit einigen Anekdoten über den Gründer begann: Der kreative Lacoste hätte es wohl befürwortet, gewagte Wege einzuschlagen. „Alles mit Leidenschaft und Engagement machen, das hat auch unser Gründer gemacht“ – sagt der CEO für Nord- und Mitteleuropa.
„Wir glauben nach wie vor sehr stark an das stationäre Geschäft“, sagt Meyer, auch wenn mittlerweile schon 40 Prozent des weltweiten Umsatzes, insgesamt rund zwei Milliarden Euro, online generiert wird. Mit anderen Worten: Beides wird in Zukunft gleichermaßen wichtig sein, das Online-Geschäft ebenso wie die bewährten Händler vor Ort. Gleichermaßen soll auch der traditionelle Heritage-Käufer keineswegs vernachlässigt werden. Trotzdem sieht man ausgerechnet im klassischen Polo zugleich auch das Potential für den sanften Imagewechsel. Es könne zugleich auch „ein Symbol für Freiheit und Individualität“ sein, auch wenn es bis dahin noch einen langen Weg zu beschreiten gebe. Insofern strebe der Konzern keine Revolution, eher eine Evolution an, in Form von mutigen neuen Kollektionen für eine jüngere Zielgruppe.
Fast schon revolutionär verläuft jedoch die Transformation zum umweltbewussten Premiumlabel. Lacoste hat sich hohe Ziele gesetzt. Unter anderem soll der Lifecycle eines Polohemds im Schnitt verdoppelt werden, in den Stores zurückgegebene Textilien werden wiederverwendet – und wer das nicht mehr getragene Shirt des Opas abgibt, bekommt zudem 20 Prozent Rabatt auf das neue. Ein Anreiz, der womöglich mehr ist als ein netter Gag. Denn auch Meyer berichtet, dass der Konsument oft noch nicht bereit ist, für recycelte oder nachhaltige Ware mehr auszugeben. „73 Prozent reden bei Bekleidung über Nachhaltigkeit, aber nur 0,3 kaufen nachhaltig produzierte Bekleidung“, sagt Meyer, eine Berliner Studie zitierend. Man hoffe, dazu beitragen zu können, die Sinne für die Notwendigkeit zum nachhaltigen Denken schärfen zu können.
Im vergangenen Juni veröffentlichte Lacoste einen ersten Development Report. Die darin veröffentlichte Strategie wird „durable elegance“ genannt. Sie zeigt, dass sich Umweltbewusstsein und Branding nicht mehr widersprechen, sondern ergänzen: Lacoste ist bewusst, dass Konsumenten Transparenz fordern, setzt sich selbst strenge Umweltstandards und legt den firmeneigenen CO2-Ausstoß sowie den Wasserverbrauch offen. Das Commitment geht so weit, dass man sich auch von einigen Rohmaterial-Produzenten trennte, die gewisse Standards nicht mehr einhalten konnten.
„Wir sehen als Weltmarke unsere globale Verantwortung“, sagt Meyer. Es gehe nicht nur darum, ein Marketing-Instrument zu verkaufen, sondern tatsächlich auch „nachhaltig zu leben“. Mehrere andere Konzerne seien auch schon über das „greenwashing“ hinaus. In Zeiten, in denen mit 100 Milliarden Textilien pro Jahr doppelt so viele produziert werden wie 20 Jahre zuvor, lässt sich nachhaltiges Denken und Handeln vielleicht sogar besonders gut mit einer Heritage-Marke verknüpfen, die auf hohe Qualität setzt: „Wenn ich ein Polo für zehn Euro kaufe, kann ich nicht unbedingt erwarten, dass da alle nachhaltigen Komponenten eingehalten werden“, sagt Meyer.