„Aus Singlebrain-Thinking wurde Multibrain-Thinking“

10 Jahre hartmann consultants – Nick Hartmann im Interview

Nick, mit welcher Vision habt Ihr vor zehn Jahren hartmann consultants gegründet?

Nick Hartmann: Unser Anspruch war von Anfang an Marktführer für Executive Search in den Bereichen Fashion und Lifestyle in Europa zu werden. Führend bei der Suche, Auswahl, Evaluierung von Fach- und Führungskräften für den Modehandel und die Modeindustrie. Genauso wie für verwandte Branchen wie die Schuh- oder Sportindustrie.

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Warum habt Ihr Euch anfangs auf die Modebranche konzentriert?

Das lag vor allem an der Berufserfahrung meiner Geschäftspartnerin und Frau Simone: Während ich zu dem Zeitpunkt zehn Jahre für eine Personalberatung gearbeitet hatte, hatte sie Berufserfahrung bei Ralph Lauren, Triumph und Rena Lange gesammelt. Für uns war die Modebranche also wie geschaffen.

Es ist eine charmante Besonderheit, dass hartmann consultants nicht nur Geschäfts-, sondern auch Ehepartner sind. Wie ist es, mit seiner Frau eine Firma zu führen?

Herausfordernd und schön zugleich. Da ist zum einen natürlich absolutes Vertrauen. Zum anderen sind wir auch deshalb erfolgreich, weil wir bei den großen Entscheidungen hundertprozentig auf einer Linie liegen. Herausfordernd ist es, weil es natürlich auch Themen gibt, in denen wir nicht übereinstimmen. Es gehört Disziplin dazu, sich abends nicht gegenseitig mit Problemen zu überhäufen, die es beruflich zu lösen gilt. Ich kann es jedem empfehlen, aber: Man muss eine gewisse Resilienz mitbringen.

Aber Ihr habt es immer geschafft, morgens wieder gut gelaunt zu frühstücken?

Spätestens am Wochenende (lacht). Wichtig für uns ist, dass jeder seinen Bereich hat, seine eigenen Kunden und sein eigenes Team. Schwierig wird es nur, wenn wir beide fünf Tage die Woche im Büro sind – dann kann es schon mal vorkommen, dass es Freitagabend längere Diskussionen gibt. Aber im Großen und Ganzen haben wir es immer sehr gut hinbekommen.

Besteht Eure starke Fokussierung auf Mode noch?

Mode ist nach wie vor unser Kern – dazu gehören auch Sport und Schuhe. Das Segment Lifestyle hat sich in den letzten zehn Jahren enorm ausgeweitet, weshalb wir heute Kunden aus dem Automobil-, Lebensmittel- und Gastronomiebereich haben.

Welche Kompetenzen aus dem Lifestyle-Bereich werden konkret gesucht?

Es geht viel um die Vermarktung von Produkten, das Bilden von Markenwerten. Marken können höhere Preise erzielen durch ein Markenversprechen. Das ist für alle Branchen wichtig geworden.

Sind die Branchen durchlässiger geworden?

Definitiv. Wenn ich an meine Anfänge vor 20 Jahren zurückdenke, gab es da Branchen, die ihre Manager nur untereinander ausgetauscht haben. Wer bei Nike war, ging danach zu Puma oder Adidas und Asics. Heute sind alle wesentlich offener für Manager aus ganz anderen Segmenten.

Warum ist das so?

Weil man erkannt hat, dass es an anderen Stellen wertvolle Kompetenzen gibt, die für die eigene Branche wichtig und relevant sind. Ein schönes Beispiel ist Apple, die als Computerfirma den Markt für Mobiltelefone in Angriff ge- und dann übernommen haben. Alleine dieses Beispiel hat viele aufgerüttelt.

Welche Rolle spielt Digitalisierung als Faktor?

Es gibt kaum eine Firma, die sich nicht mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt. Wenn man genauer hinsieht, wer wie weit ist, sieht man, dass viele Händler noch denken, es sei ausreichend, eine Homepage mit Öffnungszeiten, Adresse und angebotenen Marken zu haben. Und das war es dann an digitalen Diensten und Services. Sich in der Tiefe mit den kulturverändernden Möglichkeiten und Chancen von E-Commerce zu beschäftigen, da ist Luft nach oben.

Wie geht Ihr als Firma damit um?

Wir beschäftigen von Anfang an mit digitalen Themen, da unser erster großer Auftraggeber vente-privee.com war. Über diesen Auftrag kamen wir auch zu anderen Kunden aus dem E-Commerce-Bereich und haben von Ebay über Zalando und Amazon bis hin zu Apple für nahezu jeden wichtigen Online-Anbieter gearbeitet.

Was habt Ihr verändert?

Aus dem anfangs klassisch geführten Unternehmen wurde eines, das seine Mitarbeiter komplett in Entscheidungsprozesse einbindet. Aus Singlebrain-Thinking wurde Multibrain-Thinking. Empowerment von Mitarbeitern haben wir schon immer praktiziert. Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter sich als Consultants positionieren mit einem eigenen Kundenkreis und eigenem Stellenwert im Markt. Das gemeinsame Arbeiten an Projekten, in denen nicht zwingend die hierarchisch höchste Person die Entscheidungen fällt, sondern derjenige, der die meiste Kompetenz, das größte Wissen hat in diesem Feld. Das sind Herangehensweisen, die sich unseren Kunden relativ einfach empfehlen lassen. Die Umsetzung war aber auch für uns eine Challenge.

Thema Executive Search: War das Geschäft früher einfacher oder schwieriger?

Definitiv einfacher. Als ich vor 19 Jahren anfing, wollte der Kunde von uns über Wochen keine Informationen haben. Er wollte nur, dass wir ihm nach drei Monaten Kandidaten präsentieren – was wir zwischenzeitlich gemacht haben, welche Fortschritte wir erzielten, das hat ihn nicht interessiert. Heute erwarten manche Kunden, dass wir täglich reporten, wie der Fortschritt des Projektes verläuft. Dass wir unseren Suchprozess komplett transparent gestalten, dass er durch eine Schnittstelle mit unserer Datenbank oder einer App kompletten Zugriff auf unser Wirken hat.

Ist die Wechselbereitschaft von Kandidaten höher geworden?

Nein, sie ist niedriger geworden. Wer in einer vermeintlich sicheren Firma arbeitet, ist generell weniger interessiert, den Arbeitgeber zu wechseln. Weil man kein Risiko eingehen will. Dabei gibt es ja kaum noch „sichere Firmen“ – auch Firmen, die jahrelang Marktführer waren, können heute fusioniert werden oder vor der Insolvenz stehen. Es gibt kaum noch – und das gilt genauso für andere Branchen – wirklich sichere Arbeitgeber.

Und wie überzeugt Ihr dann heute Kandidaten?

Der Aufwand ist größer geworden, zum Beispiel haben Firmen früher teilweise noch deutliche Gehaltssteigerungen gezahlt. Heute gibt es Aufträge, bei denen der Kunde nicht bereit ist, mehr zu bezahlen. Aufträge, bei denen wir Kandidaten überzeugen müssen, dass sie ohne Gehaltssprung wechseln. Da kommen dann Faktoren wie Karrierechancen oder eine tolle Marke ins Spiel. Oder ein moderneres Umfeld.

Was könnt Ihr heute, was Ihr vor zehn Jahren nicht konntet?

Durch unser Digital-Leadership-Asessment zu den wichtigsten Kompetenzen einer Führungskraft in der digitalen Welt haben wir einen tiefen Einblick, worauf es ankommt. Veränderungsbereitschaft zum Beispiel. Wir verstehen heute schnell, wenn jemand nicht bereits ist, sich auf eine andere Kultur einzulassen. Oder mit jungen Leuten auf Augenhöhe zu arbeiten. Wer für sich nach wie vor das klassische hierarchische Modell verfolgt, was heute in vielen Firmen out ist, der hat es schwerer, von uns vermittelt zu werden. Der Anteil junger Menschen, die nicht bereit sind, sich nur durch Befehle ohne Erklärungen führen zu lassen, ist mittlerweile zu hoch für alte Modelle.

Welche Kompetenzen müssen C-Level-Kandidaten haben?

Die Fähigkeit Vision und Strategie der Firma festlegen zu können wird unverändert gebraucht. Nur dass sich die Zeitrahmen andere sind. Der CEO hat keine Fünf- oder Drei-Jahrespläne mehr. Er muss Agilität mitbringen, flexibel und fähig sein, seinen eigenen Plan alle drei Monate überprüfen, vor allem was Technologien angeht. Das ist eine große Veränderung. Ein Vorstandsvorsitzender muss heutzutage wesentlich anpassungsfähiger sein.

Was waren die Meilensteine für hartmann consultants?

Nach fünf Jahren waren wir in unserem Segment Fashion und Lifestyle im deutschsprachigen Raum die mit Abstand größte Beratung. Wir haben die meisten Suchen auf einem sehr hohen Niveau abgewickelt. Ein weiterer Meilenstein ist unser Büro, das wir vor gut zwei Jahren bezogen haben, neben so wichtigen Playern wie etwa Lodenfrey im Zentrum der Stadt, wo auch alle Modefirmen ihre Standorte haben. Wir haben es mit dem neuen Standort geschafft, ein Kompetenznetzwerk zu schaffen und kollaborativen Arbeitsweisen gerecht zu werden.

Und was kommt als Nächstes?

Der nächste Entwicklungsschritt wird die Eröffnung des hartmann campus eine Etage über unseren Büros sein, ein Konferenz- und Event-Center mit spektakulärer Dachterrasse. Hier können wir Kunden, Partnern und auch Dritten jederzeit Flächen anbieten. Das wird unser nächster Geschäftszweig. Ich freue mich riesig darauf.